Ein Jahr genau ist vergangen: Zu Sommeranfang bin ich in wieder dort, wo die große Reise begann – in Portugal: Coimbra. Zeit für ein Fazit oder eine Bilanz – Was hat sich verändert? Habe ich etwas gelernt? Wie sieht die Zukunft aus?
Auf den ersten Blick erscheint alles wie vorher – die Studentenküche ist genauso gemütlich-dreckig wie vorher, der Mondego fließt durch sein Flußtal und auch die Stadt ist nur minimal anders. Und trotzdem: Obwohl Äußerlichkeiten sich wenig geändert haben, hat sich in mir einiges bewegt.
Zusammenhänge werden mir klar, die ich vor einem Jahr so nicht erkannt hatte. Auch ein paar Antworten auf Fragen habe ich nun, die ich allein aus der Erfahrung erhalten konnte:
1. Die Welt ist zu Beginn des 21. Jh. komplett vernetzt und durch die Fortschritte und einhergehende Kostensenkungen bei Telekommunikation und Transport sehr klein geworden. Jeder Ort und jeder Mensch ist global durch die Technik erreichbar, überall gibt es die gleichen Produkte zu kaufen, Medien formen weltweite Standarts im Konsumverhalten und bestimmte erzeugen die selben soziologischen Zustände. Sämtliche global standartisierte Produkte kosten kaufkraftbereinigt überall das Gleiche: Von der Tube Zahnpasta bis zur Luxuslimousine. Gleichzeitig wächst die Kluft zwischen Arm und Reich: In absoluten Zahlen gesprochen wird der erwirtschaftete Reichtum auf weniger Menschen verteilt, während allein die Zahl der Armen golbal steigt.
2. Die Grundsätze menschlischer Existenz sind auf dem gesamten Planeten gleich: Klingt zunächst banal, ist aber wegen der imensen Kultur- und Mentalitätsunterschiede sehr erstaunlich. Egal ob es sich dabei um Lebensabschnitte wie Jugend und Alter, Tradition und Fortschritt, Arbeit und Freizeit, Familie und Freunde handelt. Allein die Priorisierung (individuell oder kollektiv) ist verschieden.
3. Die wichtigste Ressource menschlichen Daseins ist Zeit! Kein Geld der Welt ersetzt den Luxus jeden Tag ausschlafen zu können und nicht der Sklave eines Weckers zu sein.
4. Alle Ereignisse während der Reise, egal ob im ersten Moment gut oder schlecht, haben sich im Nachhinein als richtig und wichtig herausgestellt. Mißgeschicke und Pech wandelten sich in Glück. Im Nachhinein eine kleine Bestätigung, daß ich den richtigen Weg gewählt hatte.
5. Ich werde nach Deutschland zurückkehren und von vorne anfangen! – Im zweiten Schritt kann ich es auswärts probieren. Deutschland habe ich während seiner Abwesenheit schätzen gelernt, egal ob es um die Kultur, die Sprache oder ums Essen ging – es bleibt eben doch meine Heimat.
Das sind nur einige wenige Gedanken, die mir während der letzten Tage in Portugal durch den Kopf gingen…
Die WG-Küche in der Pension Flor de Coimbra erstrahlt in ihrem gewohnten Glanz und mit ihrer eigenen Patina. Ungezählte Stunden hatte ich letztes Jahr dort verbracht. Die Studenten sind zwar andere, auch die Internetverbindung ist verläßlicher, im Grunde ist jedoch alles beim Alten:
Coimbra mit seinen steilen Hügeln hatte ich letztes Jahr kaum abgelichtet – hier eine nachträgliche Zusammenstellung der Eindrücke vom Steinlabyrinth und seinen Steigungen:
Hinauf die Stufen, in Richtung Alte Kathedrale kommt man vorbei an der legendären Bar „Quebra Costas“ (dt. „Brich’Dir den Rücken“). Ein Blick hinunter bestätigt den eigenartigen Namen.
In der Oberstadt, unweit der Universität hat Coimbra seine alte Struktur aus dem Mittelalter weitgehend bewahrt. Gerade Mannsbreit sind die verwinkelt verzeigten Gäßchen, allein die Neubauten der Uni aus den 1920er Jahren ragen hier heraus. Die traditionell linksradikalen Studenten-Häuser (pt.“Republicas“) kontrastieren stark mit dem kleinbürgerlichen Millieu der alt-eingesessenen Bevölkerung.
Angekommen auf dem Hochplateau überragt die Universität Stadt und Umland -Das Denkmal von Dom Dinis, dem Gründer von 1290, wurde bereits etliche Male umgestaltet.